Vereinskasse: Unliebsamen Überraschungen vorbeugen
Immer wieder kommt es vor, dass
Sportvereine in finanzielle Not geraten, weil die Vereinskasse aufgrund
unterschiedlicher Ereignisse nicht mehr im gewohnten Rahmen geführt wird. Gemäss
Zivilgesetzbuch (ZGB) trägt der Vorstand die Verantwortung für die Führung der
Geschäftsbücher und ist entsprechend gefordert, die notwendigen Vorkehrungen zu
treffen, um einen ordnungsgemässen Betrieb zu gewährleisten. Nachfolgend werden
drei konkrete Fallbeispiele aufgegriffen, bei denen ernsthafte Probleme aufgetreten
sind. Durch gezielte Massnahmen, die im Anschluss beschrieben werden, hätten die
drastischen Folgen womöglich vermieden oder zumindest begrenzt werden können.
Fallbeispiel 1: Betrügerischer
Vereinskassier treibt Tennis-Club in den Ruin
Diese
Schlagzeile machte im September 2012 auf einen krassen Fall von Veruntreuung, ungetreuer Geschäftsbesorgung und
Urkundenfälschung aufmerksam: Der ehemalige Kassier des Tennis-Clubs hatte
während mehreren Jahren sukzessive das Vereinsvermögen geplündert, die Bilanzen
frisiert und Belege gefälscht. Nach Auffliegen der Delikte musste sich der Mann
vor Gericht verantworten - es ging um eine Deliktsumme von über 500'000
Franken. «Unser Fehler war, ihm die Einzelunterschrift zu gewähren», so ein
Vorstandsmitglied des Clubs.
Beurteilung
Frühzeitiges
Erkennen von kriminellen Machenschaften bei der Verwaltung der Vereinskasse ist
sehr schwierig. Der ehrenamtlich wirkende Vorstand ist in hohem Masse auf
gegenseitiges Vertrauen unter den Vorstandsmitgliedern angewiesen, zudem ist seine
zeitliche Verfügbarkeit beschränkt. Betrüger nützen dieses Vertrauen aus und
können sich bei fehlenden Sicherheitsvorkehrungen hemmungslos aus der Vereinskasse
bedienen. Das Fälschen von Unterschriften, Belegen, Rechnungen oder Verträgen
ist für Laien kaum erkennbar. Das Vergehen fliegt meist erst auf, wenn es zu
spät ist, um grösseren Schaden zu verhindern. Dennoch kann sich der Vorstand
seiner Mitverantwortung nicht entziehen und tut gut daran, entsprechende
Vorkehrungen zu treffen.
Vorbeugende Massnahmen des Vorstands
- Vieraugen-Prinzip: Jede Rechnung, jeder
Spesenbeleg bzw. jede Ausgabe, die der Vereinskasse belastet wird, muss vorgängig
durch zwei Personen visiert werden.
- Kollektivunterschrift: Die Auslösung
einer Zahlung von einem Bank- oder Postkonto sollte nur durch
Kollektivunterschrift bzw. Kollektivfreigabe (Online-Banking) möglich sein.
Idealerweise verfügen drei Berechtigte des Vereins über eine
Kollektivunterschrift, damit bei Ausfall einer Person Zahlungen und Bezüge
immer noch möglich sind.
- Verzicht auf Kreditkarten oder Karten
für Bargeldbezüge, die auf den Verein lauten, da bei solchen Karten die
Kollektivfreigabe umgangen werden kann.
- Bank- und/oder Postkontoauszüge vierteljährlich
von zwei Personen kontrollieren und visieren lassen.
- Unguten Gefühlen bei Verhaltensänderungen eines
Vorstandsmitglieds nachgehen und ansprechen.
Fallbeispiel 2: Unerwarteter Ausfall des
Vereinskassiers
Der
Kassier eines bekannten Sportvereins in der Westschweiz erlitt im Jahr 2014 überraschend
einen Hirnschlag und fiel für mehrere Wochen aus. Bei ihm zuhause stapelten
sich die unbezahlten Rechnungen des Sportvereins, auch die Mitgliederbeiträge
wurden nicht fakturiert. Da der Kassier in einem Einzelhaushalt lebte, war es
für den Vereinsvorstand sehr schwierig, an die Dokumente und Softwareprogramme
der Vereinskasse zu gelangen, bzw. diese an eine andere Person zu übertragen.
Die Folge waren zahlreiche Mahnungen wegen unbezahlter Rechnungen sowie
ernsthafte Liquiditätsprobleme infolge der ausstehenden Mitgliederbeiträge.
Beurteilung
Der
unerwartete Ausfall eines Vorstandsmitgliedes, im vorliegenden Fall des
Vereinskassiers, wirkt sich gravierend aus, wenn die Stellvertretung nicht
geregelt ist und bestimmte Aufgaben über längere Zeit nicht mehr wahrgenommen
werden. Es muss immer damit gerechnet werden, dass eine Person ausfallen kann,
und je nach Dringlichkeit rasch ein Ersatz gefunden werden muss. Der Vorstand
ist deshalb gut beraten, sich diesbezüglich vorsorglich Gedanken zu machen.
Vorbeugende Massnahmen des Vorstands
- Stellvertreter-Funktionen einführen
und gelegentlich ausüben lassen (z.B. während Ferienabwesenheiten eines
Vorstandsmitglieds).
- Kollektivunterschrift über Bank- und Postkonto
an drei Berechtigte des Vereins erteilen, damit bei Ausfall einer Person
Zahlungen und Bezüge immer noch möglich sind.
- EDV-Insellösungen nach Bedarf
vermeiden: Allenfalls webbasierte Buchhaltungsprogramme nutzen, damit
Berechtige von unterschiedlichen Orten aus Zugriff auf die Daten haben. Diese
Variante hat zusätzlich den Vorteil, dass keine Datensicherungen (Backups) mehr
gemacht werden müssen und bei Hard- und Softwareware-Defekten keine Daten
verloren gehen. Mehr dazu hier.
- Immer mehr nationale Sportverbände bieten ihren
Mitgliedsvereinen ein zentrales Inkasso für Mitgliederbeiträge und Lizenzen an
(Beispiel Schweizer Alpen-Club: Dieses System wurde bereits vor über 20 Jahren
eingeführt und hat sich bestens bewährt).
Fallbeispiel 3: Erhebliche Nachforderungen
der Ausgleichskasse
Ein
Eishockey-Club einer unteren Liga beschäftigte über Jahre mehrere Trainer im
Nebenamt. Im Durchschnitt wurden jährliche Entschädigungen in der Höhe von
4‘500 Franken pro Trainer ausbezahlt und zusätzlich Spesen für Fahrten und
Verpflegung bei auswärtigen Spielen vergütet. Obwohl die Freigrenze der AHV-Pflicht
bei geringfügigem Lohn (2‘300 Franken pro Kalenderjahr) deutlich überschritten
war, wurden diese Entschädigungen bei der AHV nie deklariert bzw. abgerechnet. Bei
einer Routinekontrolle der Ausgleichskasse wurde dieser Sachverhalt erkannt. Die
Folge waren Nachforderungen und Verzugszinsen auf die nicht abgerechneten Beiträge
über fünf Jahre.
Beurteilung
Leider
ist das kein Einzelfall. Aufgrund von Unkenntnis der gesetzlichen Bestimmungen,
bzw. wider besseres Wissen bei Vereinen, decken die Ausgleichskassen immer
wieder ähnliche Fälle auf, bei denen die Sozialabgaben nicht ordnungsgemäss
abgerechnet wurden. Oft kommen bei solchen Kontrollen noch weitere Unregelmässigkeiten
zum Vorschein, u.a. bei der obligatorischen Unfallversicherung (UVG), bei der
Pensionskasse und beim Ausfüllen der Lohnausweise. Auch die ausreichende
Versicherung des Vereins bezüglich Haftpflicht, Mobiliar, Fahrzeuge, Immobilien
etc. sowie die Abrechnung der Steuern (inklusive Mehrwertsteuer) fallen, sofern
kein Geschäftsführer angestellt ist, meist ins Pflichtenheft des
Vereinskassiers. Dementsprechend wird fachliches Know-how vorausgesetzt.
Vorbeugende Massnahmen des Vorstands
-
Funktionsbeschreibung des Vereinskassiers überprüfen: Sind alle relevanten
Aufgaben für die ordnungsgemässe Führung der Vereinskasse bzw. –buchhaltung und
der Versicherungen darin enthalten?
- Merkblatt der AHV
konsultieren. Mehr dazu hier.
- Rechnungswesen des
Vereins periodisch durch einen qualifizierten Treuhänder begutachten lassen.
- Versicherungen des
Vereins durch einen Spezialisten prüfen lassen.
- Als Kassiere und
Rechnungsrevisoren Personen mit entsprechenden Kenntnissen und Erfahrungen
wählen oder ihnen nach Bedarf Fachleute zur Seite stellen.
- Grosse Vereine und Sportverbände übertragen
diese Aufgaben in den meisten Fällen der eigenen Geschäftsstelle und lassen
ihre Jahresrechnungen mit Vorteil durch eine professionelle Revisionsstelle prüfen
(vgl. dazu auch die gesetzlichen Vorschriften zur Rechnungsprüfung hier).
Fazit
Wie
eingangs erwähnt, trägt der Vorstand gemäss ZGB die Verantwortung für die Führung
der Geschäftsbücher und korrekte Abrechnung der gesetzlichen Abgaben und Steuern.
Es darf deshalb gegenüber dem Vereinskassier (oder der Geschäftsstelle) nicht
als Misstrauen gewertet werden, wenn der Vorstand seine Kontrollpflichten
wahrnimmt und vorsorgliche Massnahmen trifft. Der Vorstand bespricht dieses
Vorgehen am besten jeweils bei der Besetzung seiner Aufgaben mit dem Zweck, das
Vertrauen und die Zusammenarbeit zu stärken.
Mehr
Informationen zum Thema finden sich bei sportclic
unter den Themen «Rechnungswesen» und «Versicherungen».
Thun,
3.3.2016/FvG